Los Carrizales liegt nicht mal drei Kilometer von Masca, eine der meistbesuchten Sehenswürdigkeiten Teneriffas, entfernt. Trotzdem kennt kaum jemand diese kleine Ansiedlung. Und schon gar nicht die botanisch-kulinarische Sensation, die dort auf den Terrassenfeldern wächst.

Zweizwiebeldorf oder “was für einen Unterschied ein paar Meter machen”

Los Carrizales besteht aus den beiden Weilern Carrzial Alto und Carrizal Bajo, liegt idyllisch an einem Südhang des Teno-Gebirges und ist von bis zu 500 Meter tiefen Schluchten umgeben. Wir nennen Los Carrizales häufig Zweizwiebeldorf und das ist alles andere als despektierlich gemeint, sondern spielt auf eine Besonderheit an, die hier zu finden ist: Zwiebeln.

In beiden Weilern wird die traditionelle Zwiebelsorte „Carrizales“ angebaut. Und obwohl die beiden Ansiedlungen nur rund 900 Meter Luftlinie und etwa 180 Höhenmeter voneinander entfernt liegen, unterscheiden sich die jeweiligen Zwiebeln deutlich in Farbe, Form und Größe.

  • Die Zwiebeln aus Carrizal Alto sind von außen intensiv-rosa, haben eine elliptische Form und sind groß.
  • Die Zwiebeln  aus Carrizal Bajo sind rosa, haben eine abgeflacht-elliptische Form und sind mittelgroß.

Aber das ist noch nicht alles, denn auch die inneren Werte sind betroffen. So zeigen wissenschaftliche Studien, dass unter anderem der Mineralstoffgehalt und die antioxidative Kapazität unterschiedlich ist.

Zwiebeln auf Teneriffa

Zwiebeln stammen ursprünglich aus Zentralasien. Auf Teneriffa und den anderen Kanarischen Inseln wurden sie nach der Eroberung durch die Spanier eingeführt. Im 18. Jahrhundert wurden große, süße Zwiebeln angebaut, die sogar nach Amerika und vor allem in die Karibik exportiert wurden. Mit der Produktion von Saatgut für den Export nach Amerika erlebte der Zwiebel-Anbau auf Teneriffa zwischen dem Ende des 19. und der Mitte des 20. Jahrhunderts einen großen Aufschwung.

Diese Unterschiede in Aussehen und Zusammensetzung zwischen die Zwiebeln sind so groß, dass sie offiziell als zwei Sorten geführt werden: “Carrizal Alto” und “Carrizal Bajo“. Das Saatgut für die Zwiebeln wird übrigens direkt von den jeweiligen Landwirten gewonnen. Also vom Feld wieder auf das Feld.

Als Biologin finde ich das hochgradig spannend. Für alle, die sich dafür weniger begeistern können, sei gesagt: Beide schmecken fantastisch. Das ist doch ein Wert an sich!

Zwiebeln aus Carrizales gelten als gastronomisches Juwel

Ob aus Alto oder Bajo, die Carrizales-Zwiebeln werden auf Teneriffa für ihren Geschmack, ihre Textur und Farbe sehr geschätzt.

Sie sind süß und knackig-saftig, so dass sie gerne roh verwendet wird. Auch zum Kochen sind sie gut geeignet und beliebt, weil sie ihre Struktur behalten. Die Zwiebeln aus Carrizales haben ein rosa bis lila gefärbtes Äußeres und ein helles Inneres. Das sie sieht nicht nur auf einem Salat hübsch aus. Weil sich die Farbe auch beim Kochen nicht verändert, werden die  Carrizales-Zwiebeln von den Einheimischen auch dafür geschätzt, dass sie Eintöpfe nicht verfärben oder das Essen dunkler machen.

Anbau und Ernte der traditionellen Zwiebeln von Carrizales

Die “Carrizales”-Zwiebeln gehören zu den insgesamt sechs traditionellen Zwiebelsorten auf Teneriffa, die alle auf örtlich sehr begrenzten Flächen angebaut werden.

In Carrizales erfolgt das Umpflanzen der vorgezogenen Zwiebelsetzlinge auf die Terassenfelder von Ende Januar bis März.

Nach rund 4 Monaten, also im Frühsommer ist es soweit: die abgeflacht-kugeligen Zwiebeln, mit einem Durchmesser von oft mehr als 10 cm und 350 Gramm Gewicht, sind bereit für die Ernte.

Zuerst werden die Zwiebeln aus der Erde gezogen und auf dem Boden liegengelassen. Wenn das Grün in der Sommersonne getrocknet ist, werden die Zwiebeln zu kunstvollen Zöpfen geflochten, die ungefähr 8-14 kg wiegen. Dies erleichtert nicht nur den Transport, sondern ermöglicht auch optimale Bedingungen für ihre Lagerung von Juli bis Dezember.

Einen genaueren Einblick in den Anbau, Ernte und Zwiebelzopfverarbeitung findest du in dieser  Reportage, die zum Teil auf dem oben abgebildetem Feld gedreht wurde.

Es muss ja nicht ein ganzer Zwiebelzopf sein… Wenn du die Gelegenheit hast, Carrizales-Zwiebeln z.B. auf einem der Bauernmärkte zu kaufen, schlag zu. Du bekommst nicht nur leckere Zwiebeln, sondern hilfst auch dabei, eine der alten Sorten und ihren traditionellen Anbau vorm Aussterben zu bewahren.

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