Wir alle brauchen es täglich, um zu überleben – Wasser. Ob als Trinkwasser, zum duschen oder zur Bewässerung von Obst- und Gemüsefeldern.

Wasser spielte auch ein wichtige Rolle bei der Eroberung der kanarischen Inseln durch die Spanier im 15. Jahrhundert. Zu diesem Zeitpunkt war Teneriffa von Guanchen bewohnt und es gab zahlreiche Wälder, Quellen und wasserführende Schluchten. Ganzjährig warme, aber nicht zu heiße Temperaturen, fruchtbare vulkanische Böden und dazu noch reichlich Wasser- in der Kombination sahen die spanischen Eroberer ein ideales Anbaugebiet für Zuckerrohr. Der daraus gewonnene Zucker war damals nicht nur sehr begehrt, sondern auch teuer. Die Geldgeber und Teilnehmer der Eroberung witterten ein gutes Geschäft.

Was ist passiert und warum ist der Großteil der Quellen versiegt? Warum prägt das Erbe der spanischen Eroberer noch immer die Wasserversorgung auf Teneriffa?  Und woher kommt heute das Trinkwasser auf Teneriffa? All dies erfährst du hier:

Süßwasser auf Teneriffa: Wo kommt es her?

Feuchtigkeit aus den Wolken, Regen und Schnee bringen Wasser nach Teneriffa. Der Teil fließt über Barrancos (Schluchten) ins Meer oder verdunstet. Ein Teil des Wassers aber sickert von der Erdoberfläche in den durchlässigen Boden ein – und zwar so lange, bis es auf eine wasserundurchlässige Schicht stößt. Dort sammelt es sich als Grundwasser an.

Kanarische Kiefern sind Nebelfänger: an ihren Nadeln sammelt sich Wasser, tropft auf den Boden und versickert, Regen in Los Silos und Schnee auf dem Teide.

So sammelt sich das Wasser in den unterirdischen, teilweise miteinander verbundenen Spalten, Klüften und Höhlen der Gebirge an. Du kannst dir das wie viele natürliche Stauseen innerhalb der Berge vorstellen. “Hängendes Grundwasser” sagt der Fachmann dazu. Bis heute sind diese großen, natürlichen Reservoirs die bedeutendsten Wasser-Lieferanten auf Teneriffa.

Wasserquellen auf Teneriffa

An durchlässigen Schichten tritt das im Berg gespeicherte Wasser als Quelle wieder aus. Rund 600 Quellen gab es früher im feuchteren Norden und dazu rund 100 Quellen im trockeneren Süden.

Die ergiebigen Quellen speisten Barrancos, die früher mehr oder weniger ständig fließende Wasserläufe hatten. Noch bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts strömte aus den Quellen fast die gesamte verfügbare Wassermenge der Insel.

Quelle “Madre del Agua” an der Rambla de Castro.

Schon die Guanchen errichteten Staustufen und teilweise Staumauern in den Barrancos, um das Wasser besser zu nutzen und gleichzeitig zu verhindern, dass es zu schnell ins Meer floss. Die Ureinwohner haben das Wasser außerdem zu Gräben und Tümpeln umgeleitet, um es für ihre Landwirtschaft und Viehzucht zu verteilen bzw. um es zu speichern.

Heute gibt es kaum noch aktive Wasserquellen und wenn, werden die Wasserläufe in den Barrancos durch Wasserrohre geführt und für die Landwirtschaft abgeleitet. Bei starkem Regen aber rauscht nach wie vor jede Menge Wasser durch die Schluchten. Dann kannst du eine Vorstellung davon gewinnen, wie im Laufe von Jahrmillionen das Wasser Rinnen und Schluchten aus dem Gestein gewaschen  hat.

teneriffa barranco wasserfall

Ein seltenes Schauspiel: Der Wasserfall Fuga De La Caleta

Galerías und Brunnen zapfen das Grundwasser für die heutige Wasserversorgung an

Das Wasser, dass wir heute nutzen, stammt unter anderem aus Stollen und Brunnen. Diese zapfen das Grundwasser an, das sich in Laufe der Zeit in den unterirdischen, wasserführenden Schichten und Wasserkammern angesammelt hat.

Galerías – horizontale Stollen in den Berg

Die Gewinnung von Grundwasser auf Teneriffa begann 1840 mit dem Bau der ersten Stollen, die horizontal in die Felsen getrieben wurden. Die Galerías, so werden die Wasserstollen genannt, sollten eine ausgeglichenere und größere Wassermenge sichern. Das war bis dahin ein Problem: die Wassermengen aus den Quellen schwankten im Jahresverlauf und der Bedarf wurde durch die zunehmende Bevölkerung und Landwirtschaft immer größer.

Zunächst wurden Galerías oberhalb von natürlichen Quellen angelegt, später auch an anderen Stellen, an denen sich die Bewohner wasserführende Schichten versprachen. Wird so eine Schicht gefunden und mit einer leichten Neigung angebohrt, folgt das Wasser der Schwerkraft, tritt aus und wird zur weiteren Nutzung über Kanäle abgeführt.

Insgesamt 1051 Galerías gibt es heute auf Teneriffa, die produktivsten liegen zwischen 170 und 300 Metern Höhe. Zusammengenommen haben sie eine Länge von 1600 km. Ihre Gänge sind durchschnittlich 1,5 m hoch und zwischen 500 bis 3000 m lang.  Zum Teil reichen sie aber auch mehr als 5 km in den Felsen – manchmal hat es eben länger gedauert, bis eine wasserführende Schicht gefunden wurde.

Und so sah es aus, wenn eine  Galería mühevoll in den Fels geschlagen wurde:

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Zwar wurden in den letzten Jahren vermehrt neue Techniken wie Meerwasserentsalzung zur Gewinnung von Trinkwasser eingesetzt, dennoch kommen immer noch rund 50-80 % des Wassers auf Teneriffa aus den Galerías. Und das hat Auswirkungen: Die Wassermengen, die über die Wasserstollen entnommen werden, sind größer als der Nachstrom versickernden Wassers. Dadurch sinkt der Grundwasserspiegel. Was wiederum dazu führt, dass die natürlichen Quellen austrocknen und du kaum noch aktive Wasserquellen auf Teneriffa entdecken kannst.

Durch den sinkenden Grundwasserspiegel passiert es außerdem immer wieder, dass sich die Grundwasservorräte einzelner Galerías erschöpfen und schließlich ganz versiegen. So fördern z.B. die Galerías Vergara I und II bei La Guancha, die entscheidend zur Wasserversorgung der gesamten Insel Teneriffa beitragen und zu den ergiebigsten Galerías der Kanarischen Inseln zählen, heute rund 5 % weniger Wasser als noch vor 10 Jahren. Hört sich erst mal nicht dramatisch an, aber angesichts von Klimawandel und gesteigertem Wasserverbrauch doch ein guter Grund, um mal den oft gedankenlosen Umgang mit der Ressource Süßwasser zu kritisch zu betrachten. Die größten Wasserverbraucher auf Teneriffa sind der Tourismus und die Landwirtschaft, vor allem die zahlreichen Bananenplantagen verbrauchen viel Wasser.

Brunnen – vertikale Schächte in die Erde

Seit 1925 wird das Grundwasser auch durch tiefe Brunnen (Pozos) gefördert. Heute gibt es 393 Brunnen, die das Wasser aus der Tiefe anzapfen. Die durchschnittlich 3 m breiten und 150 bis 300 m tiefen Brunnen finden sich vor allem in den flach gelegenen Gebieten und im küstennahen Bereich. Meist werden sie am Grund von Barrancos oder an deren Seitenhängen angelegt, wo sie den unterhalb fließenden Grundwasserstrom anzapfen.

Ein großes Problem bei Brunnen in Küstennähe ist die Versalzungsgefahr. Wenn mehr Grundwasser entnommen wird, als nachfließt, senkt sich der Grundwasserspiegel. So kann Wasser aus dem Meer zuströmen und die Brunnen mit Salzwasser verunreinigen.

Wasserkanäle und Rohre bilden ein Netz für den Wassertransport

Wasserkanäle

Ob früher aus Barrancos oder heute aus Galerías oder Brunnen, auf Teneriffa wird das Wasser schon seit langer Zeit gezielt durch Kanäle geleitet, die das Erscheinungsbild der Insel bis heute prägen. Die ersten, einfachen Konstruktionen waren ausgehobene Gräben, die zum Teil seitlich mit Steinmauern und einem gepflasterten Boden verstärkt wurden. In unzugänglichem Gelände, wurden Rinnen direkt in den wasserundurchlässigen Felsstein gehauen.

Das Holz der Kanarischen Kiefer wurde ebenfalls genutzt: Daraus wurden offene Rinnen hergestellt, die mit Pech abgedichtet zu Wasserleitungen verbunden wurden. Dies ermöglichte nicht nur die Versorgung mit Süßwasser für Mensch und Tier, in Orotava zum Beispiel konnten schon zu Beginn des 16. Jahrhunderts 11 Mühlen durch den Anschluss an die Wasserleitung betrieben werden. Straßennamen wie “Calle de Agua” spiegeln noch heute den Verlauf von Wasserleitungen wieder.

Später wurden die Kanäle dann aus Steinen gefertigt, die mit Kalkmörtel verfugt und abgedichtet wurden. Diese neue Bauweise wurde durch die Technik des Kalkbrennens möglich. Kalkmörtel als Baustoff wurde schon von den spanischen Eroberern genutzt und etablierte sich ab dem 17. Jahrhundert auf Teneriffa. Seine Produktion hatte seinen Höhepunkt zwischen dem späten 19. Jahrhundert bis ungefähr 1960, als der Mörtel für eine Vielzahl von Kanälen, Staumauern, Wasserspeicher verwendet wurde. Die Kanäle wurden teilweise mit Steinen abgedeckt, um die Verdunstung zu reduzieren bzw. zu verhindern, dass Dreck und Laub hereinfällt und so die Kanäle verschmutzen oder verstopfen.

Wasserrohre

Im Laufe der Zeit wurden die traditionellen Kanäle durch Rohre aus Zement, Beton, Eisen und Kunststoff ersetzt. Teilweise sind noch heute die alten Kanäle unter oder neben den neuen Rohren zu sehen, wie z.B. auf der Wanderung von Los Silos nach Erjos.

Durch Felstunnel und über Aquädukte

Um Berge zu überwinden, wurden Tunnel in den Felsen geschlagen oder Kanäle aus Holz bzw. Quadersteinen gebaut, die entlang des Berges verliefen. Für die Quadersteine wurden früher vor allem Bims- und Tuffsteinblöcke genutzt, die in Steinbrüchen abgebaut und dann behauen wurden. Mit Aquädukten konnten auch tiefe Schluchten überquert oder das Wasser zu Mühlen transportiert werden. Heute werden die Kanäle, die entlang der Berge verlaufen, aus Zement gefertigt.

Berg mit umlaufenden Wasserrohren, Betonröhren und Wasserkanälen.

Hierhin wird das Wasser geleitet

Wie auch immer die Kanäle aufgebaut waren. Sie alle dienten der Verteilung und leiteten Wasser zu landwirtschaftlichen Flächen, zu Dorfbrunnen, zu Betrieben wie Mühlen, zu Wasserspeichern oder zu Orten, die keinen eigenen Zugang zum Wasser haben bzw. deren Verbrauch die eigenen Wasservorkommen überstieg.

Die Länge des Wassernetzes

Die Gesamtlänge der mehr als 1000 Galerias soll mehr als 1300 km, manche Quellen sagen sogar 2000 km betragen. Und allein die Kanäle, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gebaut wurden, sollen mehr als 4000 km lang sein. Um das mal in Relation zu setzen: Teneriffa ist nur etwas über 80 km lang und knapp unter 54 km breit. Kein Wunder also, dass man ständig auf ein Wasserrohr oder -kanal stößt.

Wem gehört das Wasser, wie wird es verteilt?

Vor jeder Verteilung stellt sich die Frage nach dem Anteil, so auch beim Wasser auf Teneriffa.

Die spanischen Eroberer sicherten bekannte Wasserquellen für ihre Erben

Die ersten spanischen Siedler teilten nicht nur das eroberte Land unter sich auf, sondern auch das Wasser. Die bereits bekannten Wasserläufe wurden privates Eigentum der Nutzer. Am Anfang waren also Landbesitz und Wasserbesitz miteinander verbunden und wurden z.B. vererbt.

Für neu entdeckte Quellen gab es ein gemeinschaftliches Nutzungsrecht

Im Laufe der Zeit wurden weitere Wasserquellen von den neuen Siedlern entdeckt. Diese waren immer gemeinschaftliches Eigentum der Landbesitzer. Heißt: den Mitgliedern einer Gemeinschaft gehörte zwar das Land, durch das das Wasser floss, aber nie das Wasser. Stattdessen besaßen sie Anteile bzw. Nutzungsrechte an dem Wasser.

Das Wasser wurde den Mitgliedern in zeitlich messbaren Einheiten zugeteilt, die meist in Stunden gemessen wurden und von der Größe des Landbesitzes abhingen. So entstand in jeder Gemeinschaft ein Bewässerungszyklus, bei dem jedes Mitglied einmal im Jahr seinen Wasseranteil erhielt.

Die Nutzrechte am Wasser konnten von jedem Gemeinschaftsmitglied verkauft werden. Das hatte einen wesentlichen Einfluss auf die Landwirtschaft und Neuansiedlungen.

Wer Wasser aus Galerías beziehen will, benötigt Wasseraktien

Mit dem Bau der Galerías kam ein neues Modell hinzu, die Wasseraktien. Die Erschließung von Galerías, ihr Ausbau und die Pflege ist eine kostspielige Angelegenheit und in der Hand privater Unternehmen, sogenannter Aktiengesellschaften. Diese übernehmen die hohen Kosten und finanzieren sich wiederum durch den Verkauf von Wasseraktien.

Das aus den Galerías gewonnene Wasser wird in Wasserspeichern gesammelt und dann an die Aktionäre, darunter Bauern und heutzutage auch Hotelbesitzer, verkauft. Dabei sichern die Aktien keine vorher festgelegte Wassermenge zu, sondern nur den Anteil am verfügbaren Wasser.

Wasseraktien können verkauft werden. Aber wie das so mit Aktien ist, mit steigender Nachfrage erhöht sich der Wert und damit der Preis.

Wasserversorgung heute: auf dem Land und in einer Urbanisation

Kauft man ein Stück Land, das nicht Teil eines Baugebietes ist, ist der Eigentümer selbst für die Wasserversorgung verantwortlich. Die Gemeinde muss die Bereitstellung von Wasser nicht gewährleisten. Neben dem Wasserrecht werden auch Leitungs- oder Durchlaufrechte benötigt. Nur so werden potentielle Konflikte vermieden, wenn die Leitungen auch über Grundstücke anderer Eigentümer verlaufen.

Bei einem neuen Wohngebiet, auch Urbanisation genannt, sieht es so aus: Das Wasserrecht und alle anderen Erschließungsmaßnahmen müssen von demjenigen finanziert und gewährleistet werden, der die Umwandlung in Bauland initiiert und durchführt. Dazu gehören auch die Leitungen von den Wasserreservoirs zum Verbraucher und vom Verbrauer zur Kläranlage. Die Verantwortlichkeit gilt solange, bis das privat geplante und erstellte Wohngebiet von der Gemeinde übernommen wird, was meist nach 10 Jahren passiert, oder auf die Eigentümer übertragen wird.

Verteilung von Wasser aus gemeinschaftlich genutzten Wasservorkommen: Wasserbecken und Wasserhäuschen

Für die Verteilung des Wassers an die gemeinschaftlichen Eigentümer einer Wasserquelle gab es früher sogenannte Wasserverteilerbecken, auch „Cantoneras“ genannt. Diese Anlagen wurden von Kanalmeistern gebaut, überwacht und betrieben. Hier wurden die Wassermengen gemessen und den Anteilen entsprechend aufgeteilt.

El Pinalete in La Guancha, eine Anlage zur Messung und Verteilung von Wasser aus einer Galeria.

Und das ging grob gesagt so: Das unregelmäßig ankommende Wasser wurde zu einem ausgeklügeltem System aus miteinander verbundenen Wasserbecken geführt. Dadurch wurde das Wasser erstmal gestaut und angesammelt, Gleichzeitig konnten sich Schwebstoffe absetzen, das Wasser wurde also gesäubert. Am Ende wurde das Wasser in ein Auslaufbecken geführt, das Ausflussrohre mit einem definiertem Querschnitt hatte, die mit Schiebern geöffnet oder verschlossen werden konnten.

Diese Ausläufe wurden für eine festgelegte Zeit geöffnet, in der somit eine genau definierte Wassermenge herausfloss. Wer viele Anteile besaß,  hatte lange Öffnungszeiten am Wasserauslauf. Wer nur wenige Anteile besaß, dessen Auslaufzeit war kürzer oder es wurden nur einzelne Ausflussröhren geöffnet. Die Wassermenge wird bis heute gemessen wird in „Pipa“ gemessen, wobei eine Pipa 480 Litern entspricht. Von der Verteileranlage ging es dann über Kanäle oder Röhren zu den jeweiligen Wasserspeichern der Gemeinschaftsmitglieder.

Ein ähnliches System gibt es in den kleinen Wasserhäuschen, die in den Bergen stehen und auf den ersten Blick wie kleine Kapellen aussehen. Auch hier wird zu definierten Zeiten der Wasserausfluss geöffnet, das Wasser strömt in die verschiedenen Rohre der Anteilseigner und von dort aus in die Wasserspeicher.

Im modernen Wassernetz aus Plastikrohren sind moderne Verschlussmechanismen und Verteilerhähne bereits integriert. Somit wird das alte System aus steinernen Wasserkanälen, Verteilerbecken und Wasserhäuschen zunehmend überflüssig und ein Stück traditioneller Kultur Teneriffas droht zu verschwinden.

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