Was ist Gofio?

Gofio ist ein Lebensmittel aus ganzen Getreidekörnern, die zuerst geröstet und dann vermahlen werden. So machten das bereits die Guanchen, die Ureinwohner der Kanarischen Inseln. Das Ergebnis: ein Röstmehl mit einem süßnussigen und leicht rauchigen Geschmack, das vielseitig, nährstoffreich und lange haltbar ist.

Für die Guanchen war Gofio ein Grundnahrungsmittel. Nach der spanischen Eroberung im 15. Jahrhundert verschwand Gofio nicht etwa, sondern entwickelte sich zu einem wichtigen Bestandteil der kanarischen Küche. Heute gilt Gofio als vielseitiges und gesundes Trendfood. Mit seiner mehr als 500 jährigen Geschichte und Tradition auf den Kanarischen Inseln ist Gofio das typischste und traditionsreichste Lebensmittel der Kanaren. Für manche ist Gofio sogar ein Symbol für die kanarische Identität.

Was macht Gofio so besonders?

  • die Röstung sorgt für einen rauchigen Geschmack, die Vermahlung für ein besonderes Mundgefühl
  • Gofio ist durch die Röstung bereits vorgegart und kann deshalb direkt verzehrt werden, z.B. mit Milch zu einem Gofiobrei verrührt.
  • die Hitze der Röstung zerlegt die komplexen Kohlenhydrate (Stärke) im Getreide in einfachere Formen. Dadurch bekommt der Gofio einen süßlichen Geschmack und wird leichter verdaut.
  • Gofio deshalb besonders nährstoffreich, denn für die Herstellung werden ganze, ungeschälte Getreidekörner verwendet. Im Gegensatz zu Auszugsmehl, bei dem nur der Mehlkörper des Korns verwendet wird.
  • Gofio enthält keine Farb- und Konservierungsstoffe oder künstliche Zusätze. Einzig Meersalz wird einigen Gofio-Sorten hinzugefügt.
  • Gofio ist als geschützte geografische Angabe (g.g.A.) eingetragen

    Woraus wird Gofio hergestellt? Und wie?

    Gofio wird hauptsächlich aus Weizen und Mais hergestellt. Aber auch andere Getreidearten wie Gerste, Roggen, Hafer oder Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Lupinen oder Saubohnen werden verwendet. Das Herstellungsverfahren ist traditionell und beruht auf denselben Grundlagen wie bei der kanarischen Urbevölkerung.

    1. die verwendeten Getreide und Hülsenfrüchte werden gesiebt
    2. die gereinigten Getreidekörner werden auf die gewünschte Temperatur erhitzt und sanft geröstet, dabei liegt die Rösttemperatur immer unter 200 °C
    3. das geröstete Getreide wird abgekühlt
    4. das geröstete Korn wird in speziellen Mühlen gemahlen
    5. der Gofio wird verpackt

    Unverzichtbar: der Müllermeister

    Die sanfte Röstung und langsame Vermahlung sind die wichtigsten Schritte in der Herstellung von Gofio, denn sie bestimmen Geruch, Geschmack und Mundgefühl des Gofio. Beide Prozesse erfolgen nicht standardisiert. Der Müllermeister bestimmt die Dauer der Röstung und Vermahlung bei der traditionellen Gofioherstellung. Und zwar mithilfe von Wissen und Fertigkeiten, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden, häufig innerhalb von Familienbetrieben.

    • Die Röstung des Getreides vor dem Mahlen ist entscheidend für die Farbe, Geruch und Geschmack des Gofios. Zudem erhöht das Rösten die Verdaulichkeit und tötet Mikroorganismen ab, was die Haltbarkeit erhöht. Wann das Korn ausreichend geröstet ist? Das bestimmt allein der Müllermeister – anhand seiner Erfahrung, des wahrgenommenen Aromas und probieren des Röstguts.
    • Die Vermahlung des gerösteten Getreide ist die Kernphase der Gofioherstellung.
      Was für die Röstung gilt, gilt auch für die Vermahlung: hier wird nichts voreingestellt oder läuft nach definierten Zeiten ab. Egal ob in traditionellen Steinmühlen oder modernen Mühlen mit Metallzylindern gemahlen wird – die Vermahldauer bestimmt der Müllermeister und stoppt die Vermahlung dann, wenn der Gofio seine typischen Eigenschaften erreicht hat: weich und klebrig.

    Schau dem Müllermeister über die Schulter: hier erlebst du Gofio-Herstellung live

    Der Duft von frisch geröstetem Getreide. Das Rattern der Mühle. Die Herstellung von Gofio ist ein Erlebnis. Und du kannst es erleben: z.B. in La Orotava. Hier sind noch Getreidemühlen (Molinos) aus dem 16. und 17. Jahrhundert in Betrieb.

    • die Mühle La Máquina , auch Molino de abajo genannt, aus dem dem Jahr 1634
    • die Molino de Don Chano oder Molino de arriba), deren Ursprung bis in die frühen Jahre des 16. Jahrhunderts zurückreicht

    Du kannst beide Mühlen besichtigen und dabei einen Einblick in die Kunst der handwerklichen Gofioherstellung  bekommen. Klar, dass es hier auch frisch gerösteten und gemahlenen Gofio zu kaufen gibt, der sich übrigens super als Souvenir eignet.

    Molino La Maquina 01
    Gofiomühle La Maquina in La Orotava S/C de Tenerife, Mahlwerke, Bild von Koppchen, Public domain, via Wikimedia Commons

      Vielseitige Verwendung: Gerichte mit Gofio

      Die Guanchen nutzten geröstete und vermahlenen Pflanzen als Grundnahrungsmittel. Das Gofiomehl wurde mit Wasser oder Ziegelmilch vermischt und mit den Händen oder in einem Beutel aus Leder verknetet. Heute gibt es was ähnliches: Gofio Balls oder Energieriegel aus Gofio mit Honig, Nüssen und Co.

        Bis heute findet sich Gofio in vielen traditionellen Speisen: mit Milch und Palmhonig verrührt zum Frühstück, über Eintöpfe und Escaldon bis hin zu Süßspeisen wie Gofio-Mousse oder Gofio-Kuchen. Und in den letzten Jahren entwickelte sich Gofio sogar als Trendfood, das in neuen, kreativen Rezepten bis hin zu Gofio-Bier verwendet wird.

          Ursprung und Geschichte des Gofio

          Gofio hat eine jahrhundertelange Tradition auf den Kanarischen Inseln, da er bereits in der Ernährung der Ureinwohner der Inseln eine wichtige Rolle spielte.

          Nach der Eroberung bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts war Gofio war das zentrale Nahrungsmittel, um das sich die übrigen verzehrten Lebensmittel drehten: Gemüse, Fleisch, Fisch, Schalentiere, Flüssigkeiten und Milchprodukte. Noch heute findest du in vielen Orten die Reste einer Mühle.

          Ein altes Mühlenhaus steht auf einer Anhöhe mit Blick auf das Meer. Auf dem Platz vor dem Haus stehen zwei Mahlsteine.

            Gofio bei den Guanchen

            Die Ureinwohner bauten Getreide wie Gerste und Weizen sowie einige Hülsenfrüchte wie Erbsen und Ackerbohnen an. Daraus stellten sie Gofio her, den sie in Tongefäßen rösteten und anschließend in Handmühlen aus porösem Basaltstein mahlten. Dieses Produkt wurde von den Urbewohnern auf Gran Canaria “Gofio” und auf Teneriffa “Ahoren” genannt.

            Für die Guanchen war Gofio ein grundlegender Bestandteil ihrer Ernährung. Davon zeugen gefundene Getreidereste und Keramikgefäße mit gerösteten Körner in Guachenhöhlen sowie Berichte aus der Zeit der Eroberung.

              Gofio nach der Eroberung

              Mit der Eroberung der Inseln und ihrer Besiedlung durch die Kastilier, Andalusier, Portugiesen und Flamen ging Gofio als Lebensmittel nicht verloren. Im Gegenteil, die neuen Bewohner der Kanarischen Inseln nahmen Gofio nach und nach in ihre Ernährung auf. So wurde Gofio im Laufe der Jahre zu einem festen Bestandteil in der Ernährung der kanarischen Bewohner.

              Dabei blieb der charakteristische Herstellungsprozess “Rösten und Mahlen” unverändert. Allerdings wurden, um das Mahlen zu erleichtern, Wind- und Wassermühlen gebaut. Einige davon sind sogar noch heute in Betrieb, in Orotava zum Beispiel. Was sich aber änderte waren die Rohstoffe für die Herstellung des Gofio, denn die Eroberer führten andere Getreidesorten ein, wie z. B.  Roggen oder Mais aus Amerika. So ging die Verwendung von Gerste zur Herstellung von Gofio allmählich zurück. Heute ist Mais die Hauptzutat des Gofio.

              Der 1847 geborene kanarische Historiker und Arzt Juan Bethencourt Alfonso, dessen Arbeit von großer internationaler Bedeutung für das Verständnis der Guanchen-Kultur war, definierte”Gofio” als “jede pflanzliche Substanz, die durch Mahlen nach dem Rösten zu Pulver zerkleinert wird und für den menschlichen Verzehr bestimmt ist”.

              Er bezieht sich auf “jede pflanzliche Substanz”, da die Ureinwohner Gofio aus einer Vielzahl von Pflanzen herstellten. Darunter Weizen, Gerste, Früchte des Mocán und des Kanarischen Gagelbaums sowie Cosco Samen (Knotenblütige Mittagsblume oder Mesembryanthemum nodiflorum).

              Aus verschiedenen anderen Quellen ist außerdem bekannt, dass in schlechten Zeiten auch Pflanzen wie z. B. Mohn, Farnwurzeln, Linsen, Leinsamen, Mispel oder Lupinen für die Herstellung von Gofio verwendet wurden.

                Der nahrhafte Gofio war lange ein Grundnahrungsmittel der Canarios, insbesondere in Zeiten der Hungersnot. Seine Bedeutung lässt sich auch an folgender Geschichte ablesen:
                Im Jahr 1719 folgten 15 kanarische Familien dem Aufruf des Königs von Spanien, Amerika zu besiedeln. Auf dem Schiff mit dabei waren zwei Mühlsteine. Zwar ging einer während der Überfahrt verloren. Der andere aber gelangte wieder an Land, denn am 9. März 1731 vollendete die Gruppe ihre eine lange Reise, die schließlich zur Gründung von San Antonio de Texas führte. Dieser Mühlstein ist heute im Alamo-Museum in San Antonio ausgestellt.

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