Nicht bequem, dafür mit wundervollem Panoramablick
“Diese bequeme Rundwanderung auf den Kamm oberhalb von Tamaino eröffnet herrliche Ausblicke auf die Täler und Schluchten an der Südwestküste.”
Klang gut, diese Beschreibung im Rother-Wanderführer, die ich beim morgentlichen Frühstück auf der Suche nach der Wanderung des Tages gelesen habe. Bequem – das klingt für mich nach gemütlich, ein sanftes Auf-und Ab des Weges, ohne allzu große körperliche Anstrengung. Also gar nicht großartig weiter recherchiert oder Höhenmeter gecheckt, sondern schnell den Wanderrucksack gepackt und los ging es in den Süd-Westen der Insel.
Das Fazit des Tages vorab: Man sollte nicht alles blindlings glauben, was irgendwo geschrieben steht. Zumindest sollte man sich fragen, ob man eine übereinstimmende Bewertungsgrundlage hat. Haben der Rother Wanderführer und ich zumindest bei dieser Tour nicht, so viel ist sicher. Über die Aussicht auf dieser Tour bei dieser Tour braucht man wirklich nicht zu diskutieren, die ist top. Aber bequem?
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Tourstart in Tamaimo und dann ab den Berg hoch
Ausgangs- und Endpunkt der Wanderung ist Tamaimo, ein Ortsteil der Gemeinde Santiago del Teide im Westen von Teneriffa. An der Hauptstraße gibt es zahlreiche Parkplätze, hier ist immer einer für dich frei.
Die Wanderung startet in Richtung Kirche, die einen sehr schönen Kirchplatz hat, und führt dann über die Calle El Agua auf einen Camino. Der verläuft zu einem ausgewaschenen Barranco, der von den Höhen des Teno-Gebirges oberhalb von Santiago del Teide, in Richtung Meer führt, bis er am Hafen von Puerto de Santiago ins Meer mündet. Auf der anderen Seite des Barrancos geht der von Trockenmauern eingefasste Camino weiter und nach einer Wegkreuzung beginnt geradeaus der Anstieg.
Wie gesagt: Der Rother Wanderführer sagt, das wird eine bequeme Wanderung. Aber es ist ein bisschen wie bei der Wanderung nach Talavera: Hochschauen, wo es hingeht und schon hatte man feststellen können, dass das so nicht ganz richtig ist.
Der Wanderweg PR-TF 65.2 folgt nämlich dem traditionellen Weg zu den zahlreichen, Terrassenfeldern am Berg von Guama, auf denen früher Getreide und Gemüse angebaut wurden. Teilweise liegen sie auf der Meer-zugewandten Seite des Berges Guama. Und um dahin dahin zu gelangen, musst du zunächst von Tamaimo, das auf der Meer-abgewandten Seite des Guama liegt, auf den Kamm des Berges.
Die Montaña de Guama hinauf zum Cruz de Misioneros
Die erste Zwischenetappe ist das Cruz de Misioneros, dass tatsächlich schon in Tamaimo gut zu erkennen ist. Der Höhenunterschied, den es zu überwinden ist ungefähr 300 Meter, also wirklich nicht allzu viel.
Was uns aber bei der blumigen Beschreibung im Wanderführer nicht klar war: es geht knackig berghoch. Zwar ist der Camino mit seiner guten Pflasterung über weite Strecken sicher zu begehen, aber mal ehrlich: Unter bequem stelle ich mir angesichts des Quotienten aus Höhenmetern/Wegstrecke echt was anderes vor. Komme aber auch aus dem flachen Hamburg, vielleicht gelten hier andere Maßstäbe.
Der Weg schlängelt sich immer weiter in engen Serpentinen den Berg hoch, manchmal läufst du auf dem puren, rotem Felsgestein. Kurz unterhalb und am Cruz de Misioneros hast du einen tollen Blick auf den Gipfel des Risco Blanco, in die Tiefe des Barranco Seco und Tamaimo.
Risco Blanco – der weiße Fels
Der 934 Meter hohe Risco Blanco ist ungefähr 5,5 Millionen Jahre alt und gehört damit zu den ältesten vulkanischen Gesteinen des Teno-Gebirges und damit ganz Teneriffas. Die charakteristische Form des Risco ist schon aus weiter Ferne zu erkennen Ebenso seine helle Färbung, die ihm den Namen Risco Blanco gab.
Er ist eine geologische Besonderheit: Hier wurde vulkanische Magma nicht wie bei anderen Vulkanausbrüchen an die Erdoberfläche befördert. Diese besonders zäheMagma füllte sich im Schlot an und erstarrte bereits dort, also schon in der Erdkruste. Der Fachmann nennt das “Intrusion” oder auch “volcanic plug”.
Wir können den Risco Blanco heute sehen, weil sein Gestein widerstandsfähiger gegenüber der allgegenwärtigen Erosion ist als das der umliegenden Felsen. Letzteres wurde über die Jahrmillionen immer bröseliger und abgetragen. So entstanden breiten Täler und die Natero-Schlucht bzw. die Seco-Schlucht, während der Risco langsam aus dem umgebenden Vulkangestein freigelegt wurde.
Felszeichnungen am Risco Blanco
Eine weitere Besonderheit ist, dass am Risco Blanco prähistorische Felszeichnungen gefunden wurden. An insgesamt 6 Stellen gibt es geometrische und figurative Motive, die in den Stein geritzt werden.. Laut Forschern bestehen Ähnlichkeiten zu den Petroglyphen (so der schlaue Fachbegriff), die im gleichen Entstehungszeitraum im Südwesten von Marocco, der westlichen Sahara und dem Norden des heutigen Mauretanien entstanden sind. Daraus schließen die Forscher auf eine Verbindung zwischen den Guanchen und nordafrikanischen Berbern, die nächsten Verwandten der Ur-Kanarier sein sollen.
Auf dem Kamm des Bergs Guama geht es weiter
Ein kurzes Stück geht es noch steil bergauf, dann ist es geschafft. Der Bergrücken des Guama ist erreicht – gekrönt wird der gar nicht so bequeme Anstieg vom Anblick des Teide in der Ferne. Bis jetzt war die Aussicht schon imposant und genauso geht es weiter.
Jetzt auch nach meiner Definition von bequem, denn der folgende Kammweg hält lange die Höhe. So kannst du den Rundum-Panoramablick entspannt genießen.
Der flach abfallende Weg verläuft am linken Rand der Kammhöhe, am rechten Rand liegen die meerseitigen Terrassenfelder. Du hast einen fantastischen Ausblick vom Santiago-Tal, über die Küste des Südwestens, das Meer und Gomera, bis auf die Terrassenfelder und die Berge des Teno-Gebirges. Außerdem kannst du links von dir den Hafen von Los Gigantes hinter einem Hang und rechts von dir das Felstor El Bujero entdecken.
Abwärts, über die Degollada de Tejera zurück Richtung nach Tamaimo
Irgendwann geht es stärker den Weg bergab Richtung Degollada de Tejera. Nach einer Weile zweigt er nach links ab, führt wieder runter ins Santiago-Tal und mündet in einen Wanderweg, der von Santiago del Teide bis nach Los Gigantes führt. An dieser Kreuzung links abgebogen, geht es für dich links herum wieder zurück nach Tamaimo.
Du kannst vom Wandern nicht genug bekommen?
Dann stöber mal in der Übersichtskarte unserer erprobten Wanderungen.
Quellen und weiterführende Links
- Wanderung 31 in https://books.google.de/books?id=8q_UDwAAQBAJ&pg=PT235&lpg=PT235&dq=montana+guama+Wolfsperger&source=bl&ots=x5sG-g095h&sig=ACfU3U3ki1kDHNN2QyYIH7TdbxY-KFHyeA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiN_cWL65zxAhUIhv0HHaB7CeUQ6AEwD3oECBAQAw#v=onepage&q=montana%20guama%20Wolfsperger&f=false
- https://visor.grafcan.es/visorweb
- https://www.academia.edu/5751362/The_rock_art_site_of_Risco_Blanco_Tenerife_Canary_Islands_and_the_Saharan_Horsemen_Cycle
Herrlich ironisch und dabei zu 100% zutreffend. 300m steiler Aufstieg über felsiges Gelände und Blockstufen haben mit „bequemer Rundwanderung“ nichts zu tun.
Danke sehr! Ich lese raus, du bist dort auch schon gemütlich gewandert…
Liebe Grüße Jutta